Gruppenbild mit PD. Dr. Schäfer
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Ultraschall am realitätsnahen 3D-Modell trainieren

Mediziner entwickeln kostengünstige Modelle aus dem 3D-Drucker für die Lehre am Universitätsklinikum Bonn

Mittels Ultraschall können Rheumatologen die entzündlichen Veränderungen in Gefäßen und Gelenken durch rheumatologische Erkrankungen erkennen und beurteilen. Doch dies muss gelernt sein. Zur Ausbildung von Studierenden und Ärzten entwickelt eine fachübergreifende Arbeitsgruppe am Universitätsklinikum Bonn (UKB) für die Sonographie geeignete Modelle von Gefäßen und Gelenken aus dem 3D-Drucker. Ergänzt wird das Projekt durch 3D- Modelle von Ungeborenen. Ziel der Mediziner am UKB ist, Frühdiagnosen von rheumatologischen Erkrankungen und Fehlbildungen von Kindern im Mutterleib zu fördern.

Eine korrekte Diagnose ist bei rheumatologischen Erkrankungen der Schlüssel für eine erfolgreiche, individuell angepasste Therapie. Dabei kann mittels Ultraschall, einer schnellen, nicht invasiven bildgebenden Methode, sowohl die oberflächlichen Strukturen eines Gelenkes als auch Sehnen, Muskeln, Nerven und Blutgefäße höher auflösend als mittels Magnetresonanztomographie (MRT) dargestellt werden. Bei der Gefäßsonographie liegt der Fokus von Privatdozent Dr. Valentin S. Schäfer, Leiter der Rheumatologie und klinischen Immunologie an der Medizinischen Klinik III am UKB, unter anderem auf der Diagnose von chronischen Entzündungen großer Gefäße wie die Riesenzellarteriitis. Betroffene leiden vor allem unter starken Kopfschmerzen, Empfindlichkeit in der Schläfenregion, Sehstörungen und Schmerzen beim Kauen, sowie häufig Gewichtsverlust und Nachtschweiß. Ohne frühzeitige Diagnose und damit einer rasch erfolgenden Behandlung kann sogar eine Erblindung drohen. „Damit unsere Studierenden sowie Rheumatologen eine Diagnose per Sonographie der betroffenen Schläfenarterie, üben können, gibt es aber nicht genug Patienten mit akuten Krankheitsgeschehen“, beschreibt Rheumatologe und Internist Schäfer seine Motivation die interdisziplinäre Arbeitsgruppe „3D-Druck“ ins Leben zu rufen.

Eine Achsel- oder Schläfenarterie aus dem 3D-Drucker

Vor drei Jahren probte er zunächst mit einem ganz einfachen 3D-Drucker Schicht für Schicht erste Gefäße nachzubilden, doch die räumliche Auflösung reichte nicht aus. Daher setzt er zur Darstellung der sehr feinen Strukturen neuerdings auf Stereolithographie mit speziellen Resinharzen. Später wird das gedruckte Modell in eine spezielle Gelantine eingebettet, die fast der natürlichen Umgebung für eine Ultraschalluntersuchung entspricht. Ein Druck von der Schläfenarterie, fachsprachlich Arteria temporalis, oder der Achselarterie, fachsprachlich Arteria axillaris, dauert in etwa zwölf Stunden – und zwar eins zu eins zur menschlichen Vorlage moduliert. „Wir können im Ultraschallmodell die Gefäßwandverdickung, die typisch für die Riesenzellarteriitis ist, exzellent nach allen europäisch publizierten Ultraschalldaten nachbilden“, betont Privatdozent Schäfer. Am UKB werden die 3D-Modelle der Riesenzellarteriitis bereits im Blockpraktikum und Wahlfach Rheumatologie eingesetzt. Zudem werden die Modelle aktuell innerhalb der europäischen Ultraschallgruppe zur Bildgebung von Großgefäßvaskulitiden, umgangssprachlich auch Großgefäßrheuma genannt, geprüft. Eine erste Publikation zur Machbarkeit ist bereits erschienen.

Zudem hat die Arbeitsgruppe der Universität Bonn auch 3D-Modelle vom verschiedenen Gelenken wie dem Kniegelenk, dem Handgelenk und Fingergelenken für die Ultraschall Lehre in der Rheumatologie entwickelt. So können Studierende neben der Gelenksonographie auch das Punktieren, also das gezielte Setzen einer Nadel, in ein Gelenk unter Ultraschall-Kontrolle üben.

3D-Modell eines Fötus in der 12. Schwangerschaftswoche

In Kooperation mit der Frauenheilkunde entstanden künstliche Fetus-Modelle. „Anhand dieser 3D-Nachbildungen können wir typische Ultraschall-Untersuchungen und mögliche krankhafte Abweichungen modellieren und damit auch simulieren“, sagt Dr. Florian Recker, Lehrbeauftragter des Zentrums für Geburtshilfe und Frauenheilkunde am UKB. Derzeit arbeiten die Bonner Mediziner daran verschiedene Strukturen im Gehirn des Fetus per 3D-Druck darzustellen, unter anderem die Nackentransparenz. Die unter der Haut gelegene Flüssigkeitsansammlung im Nackenbereich eines ungeborenen Kindes ist wichtig bei der Fehlbildungsdiagnostik in der 11. bis 14. Schwangerschaftswoche.

Publikation: Recker F, Jin L, Veith P, Lauterbach M, Karakostas P, Schäfer VS. Development and Proof of Concept of a Low-Cost Ultrasound Training Model for Diagnosis of Giant Cell Arteritis Using 3D Printing. Diagnostics (Basel). 2021 Jun 17;11(6):1106. doi: 10.3390/diagnostics11061106. PMID: 34204495; PMCID: PMC8234468

Bild oben: Modelle von Gefäßen (vorne) sowie von Finger- und Kniegelenk aus dem 3D-Drucker für die Sonograpie in der Lehre: Die Arbeitsgruppe „3D-Druck“ am UKB zeigt eine Ultraschalluntersuchung eines 3D-Kniegelenkmodels; (v li): PD Dr. Valentin Schäfer (Leiter der Gruppe), Laura Remmersmann, Dr. Florian Recker, Tobias Schremmer, Rebecca Held und Dr. Pantelis Karakostas

Bildnachweis: Universitätsklinikum Bonn (UKB)/ Rolf Müller

Pressekontakt:
PD Dr. Valentin Schäfer
Leiter Rheumatologie und klinische Immunologie
Medizinische Klinik III des Universitätsklinikums Bonn

Sekretariat:
Telefon: 0228 287-17016
Email: petra.vollmar@ukbonn.de

Dr. Inka Väth
Medizin-Redakteurin
Stabsstelle Kommunikation und Medien am Universitätsklinikum Bonn
Telefon: +49 228 287-10596
E-Mail: inka.vaeth@ukbonn.de

Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB werden pro Jahr über 400.000 Patient*innen betreut, es sind 8.300 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,3 Mrd. Euro. Neben den über 3.300 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr rund 600 junge Menschen in anderen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht im Wissenschafts-Ranking auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW, weist den vierthöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf und hatte 2020 als einziges der 35 deutschen Universitätsklinika einen Leistungszuwachs und die einzige positive Jahresbilanz aller Universitätsklinika in NRW.

 
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