Dr. Max Witry
VERFASST VONUKB NewsRoom

ADHS und risikoreiches Finanzverhalten

Bonner Forschende untersuchen den Einfluss von ADHS-Merkmalen auf Entscheidungen beim Aktienhandel

Bonn, 01. Oktober – ADHS-Merkmale wirken sich nicht nur auf Schule und Beruf aus, sondern auch auf das Finanzverhalten. Forschende des Universitätsklinikum Bonn (UKB) und der Universität Bonn konnten zeigen, dass stärkere ADHS-Züge mit höherer Risikobereitschaft, häufigerem spekulativen Handelsverhalten und im Durchschnitt geringeren Renditen verbunden sind. Die Unaufmerksamkeit als entscheidender Treiber für ungünstige Handelsentscheidungen ist besonders hervorzuheben – etwa durch Flüchtigkeitsfehler oder Schwierigkeiten in der Planung und Entscheidungsfindung. Die Ergebnisse sind kürzlich in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ erschienen.

Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine häufige neurologische Entwicklungsstörung, die durch Unaufmerksamkeit und Impulsivität gekennzeichnet ist. Die weltweite Häufigkeit von ADHS bei Erwachsenen wird auf 2,6 Prozent geschätzt. Während ihre Auswirkungen auf die schulische und berufliche Leistungsfähigkeit gut bekannt sind, ist weniger darüber bekannt, wie ADHS-Merkmale mit dem Finanzverhalten zusammenhängen, insbesondere in risikoreichen Kontexten wie dem Online-Handel.

„Erwachsene mit ADHS zeigen oft ein impulsiveres und spontanerem Finanzverhalten, was mit schlechteren finanziellen Ergebnissen und potenziell höheren finanziellen Risiken verbunden ist“, sagt Co-Seniorautorin Prof. Alexandra Philipsen, Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKB und Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Life & Health“ der Universität Bonn. „Dies unterstreicht die dringende Notwendigkeit gezielter Maßnahmen zur Verbesserung der finanziellen Entscheidungsfindung bei Menschen mit ADHS.“

Zu diesem Ergebnis kam das Bonner Forschungsteam als es die Zusammenhänge zwischen ADHS-Merkmalen und finanziellen Entscheidungen untersuchte. Dazu befragte es 945 aktive Online-Händler*innen. Die Stichprobe der online-Umfrage bestand mit 74,5 Prozent überwiegend aus Männern mit einem Durchschnittsalter von 34 Jahren und wies im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein überdurchschnittliches Bildungsniveau, Einkommen und finanzielles Engagement auf.

Unaufmerksamkeit ist Treiber von risikoreichen Finanzverhalten

Das Bonner Forschungsteam geht davon aus, dass bei dem Finanzverhalten vermutlich verschiedene Faktoren zusammenspielen: die Suche nach kurzfristiger Belohnung, eine geringere Frustrationstoleranz und Schwierigkeiten, langfristige Strategien konsequent umzusetzen. Überraschend für die Forschende war, dass vor allem die Unaufmerksamkeit der entscheidende Treiber für riskantes Handeln und schlechterem Portfolioperformance war. „Wir hatten eher einen stärkeren Einfluss der Impulsivität erwartet. Dass dagegen die Unaufmerksamkeit das deutlichere Risiko darstellt, war für uns unerwartet“, sagt Erst- und Korrespondenzautor Dr. Max Witry von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKB.

Die Studienergebnisse legen nahe, dass Betroffene von gezielter Sensibilisierung und ergänzender finanzieller Beratung profitieren könnten. Daher planen die Bonner Forschenden bereits eine ergänzende Studie in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich, um die kausalen Zusammenhänge genauer zu klären.

Hier geht es zur Publikation: https://www.nature.com/articles/s41598-025-17467-3

Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Max Witry
Facharzt für Neurologie
Klinik für Psychiatrie
Universitätsklinikum Bonn
Telefon: (+49) 228 287-31122
E-Mail: Max.Witry@ukbonn.de

Bildmaterial:

Dr. Max Witry

Bildunterschrift: Erst- und Korrespondenzautor Dr. Max Witry von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKB.

Bildnachweis: Universitätsklinikum Bonn / Rolf Müller

Pressekontakt:
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