Neue Hoffnung gegen Flussblindheit
Internationale Studie testet möglichen Durchbruch mit bekanntem Antibiotikum
Bonn, 8. September 2025 – Eine internationale Forschungsgruppe – unter Beteiligung des Universitätsklinikums Bonn (UKB) – hat eine klinische Studie gestartet, die einen neuen Behandlungsansatz gegen Flussblindheit (Onchozerkose) untersucht – eine vernachlässigte Tropenkrankheit, von der Millionen Menschen in Afrika betroffen sind. Im Zentrum der Studie steht ein altbekanntes Medikament: Fusidinsäure – ein Antibiotikum, das bislang gegen bakterielle Infektionen eingesetzt wird. Nun soll geprüft werden, ob es auch als kurzzeitige und sichere Heilbehandlung gegen Flussblindheit wirken kann. Ziel ist es, mit nur sieben Tagen Behandlung den parasitären Wurm abzutöten, der die Krankheit auslöst.
Die FAME-Studie (Fusidic Acid Macrofilaricide Evaluation) wird unter anderem von der Universität Bonn, der Liverpool School of Tropical Medicine, der Universität Buea (Kamerun) und weiteren Partnern durchgeführt. Sie wird mit rund 4,9 Millionen britischen Pfund von der Europäischen Initiative für klinische Studien in Entwicklungs- und Schwellenländern (EDCTP) gefördert. In Deutschland liegt die wissenschaftliche Leitung in den Händen von Prof. Achim Hörauf, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie am UKB, sowie Dr. Ute Klarmann-Schulz, Gruppenleiterin am selben Institut.
Eine Krankheit mit dramatischen Folgen
Flussblindheit ist eine durch Fadenwürmer verursachte Infektionskrankheit, die über die Stiche von Kriebelmücken übertragen wird. Sie betrifft derzeit etwa 21 Millionen Menschen, vor allem in sub-saharischen Afrika, und kann zu Erblindung, schweren Hauterkrankungen und neurologischen Symptomen führen. Ganze Regionen sind dadurch in ihrer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung stark eingeschränkt.
„Die Krankheit ist nicht nur medizinisch eine Herausforderung – sie raubt den betroffenen Gemeinschaften Bildung, Arbeitskraft und Lebensqualität“, so Prof. Hörauf. „Mit der FAME-Studie wollen wir zeigen, dass es möglich ist, mit einem einfacheren und kürzeren Behandlungsansatz gegen die Erreger vorzugehen – auf Basis unserer langjährigen Forschung.“
Prof. Hörauf und sein Team am UKB hatten bereits vor rund 20 Jahren maßgeblich zur Etablierung von Doxycyclin als Behandlung bei Wurmerkrankungen beigetragen. Nun arbeitet er erneut mit Partnern aus Liverpool, Kamerun und Ghana an der nächsten Generation von Therapien.
Ein innovativer, internationaler Forschungsansatz
Die Studie ist Teil des größeren Programms des Anti-Wolbachia-Konsortiums (A-WOL) und wird durch die European and Developing Countries Clinical Trials Partnership (EDCTP) gefördert. Neben dem UKB gehören die Liverpool School of Tropical Medicine, die Universität Buea in Kamerun und die Drugs for Neglected Diseases initiative (DNDi) in der Schweiz zu den Projektpartnern.
Prof. Joe Turner, Koordinator der Studie in Liverpool, betont: „Ein sicheres und erschwingliches Behandlungsmittel wie Fusidinsäure wäre ein echter Wendepunkt im Kampf gegen Flussblindheit.“ Neben der Wirksamkeit der Therapie wird die Studie auch moderne Technologien einsetzen – darunter künstliche Intelligenz zur Parasitenanalyse und neue biologische Marker, um die Wirkung der Behandlung schneller zu erkennen.
Gleichzeitig verfolgt FAME auch das Ziel, die Forschungskapazitäten in Afrika zu stärken. Junge Wissenschaftler*innen werden im Rahmen der Studie in State-of-the-Art-Methoden der klinischen Forschung ausgebildet. Prof. Sam Wanji, Studienleiter in Kamerun, ergänzt: „Das Projekt zeigt, was durch internationale Zusammenarbeit erreicht werden kann. Wir hoffen, mit dieser Studie einen entscheidenden Beitrag zur Ausrottung von Flussblindheit zu leisten.“
Pressekontakt:
Daria Siverina
Stellv. Pressesprecherin
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Zum Universitätsklinikum Bonn: Als eines der leistungsstärksten Universitätsklinika Deutschlands verbindet das UKB Höchstleistungen in Medizin und Forschung mit exzellenter Lehre. Jährlich werden am UKB über eine halbe Million Patienten ambulant und stationär versorgt. Hier studieren rund 3.500 Menschen Medizin und Zahnmedizin, zudem werden jährlich über 600 Personen in Gesundheitsberufen ausgebildet. Mit rund 9.900 Beschäftigten ist das UKB der drittgrößte Arbeitgeber in der Region Bonn/Rhein-Sieg. In der Focus-Klinikliste belegt das UKB Platz 1 unter den Universitätsklinika in NRW und weist unter den Universitätsklinika bundesweit den zweithöchsten Case-Mix-Index (Fallschweregrad) auf. 2024 konnte das UKB knapp 100 Mio. € an Drittmitteln für Forschung, Entwicklung und Lehre einwerben. Das F.A.Z.-Institut zeichnete das UKB im vierten Jahr in Folge als „Deutschlands Ausbildungs-Champion“ und „Deutschlands begehrtesten Arbeitgeber“ aus. Aktuelle Zahlen finden Sie im Geschäftsbericht unter: geschaeftsbericht.ukbonn.de.