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Neue Schwachstelle von Asthma-Immunzellen entdeckt

Bonner Forschungsteam zeigt, wie überaktive Zellen in der Lunge „ihren eigenen Schutzmechanismus“ brauchen – und wie man ihn ausschalten könnte

Bonn, 10. Dezember 2025 –  Warum bleiben bestimmte Immunzellen bei allergischem Asthma dauerhaft aktiv – selbst in einer Umgebung, die sie eigentlich schädigen müsste? Ein Team des Universitätsklinikums Bonn (UKB) und der Universität Bonn hat entdeckt, dass diese Zellen nur überleben, weil sie einen besonderen antioxidativen Schutzmechanismus hochfahren. Wird genau dieser Mechanismus blockiert, bricht die allergische Entzündung im Mausmodell deutlich ein. Die Ergebnisse sind jetzt in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Immunity“ erschienen.

Bei allergischem Asthma sind sogenannte ILC2 und Th2-Zellen zentrale Treiber der Entzündung. Sie produzieren Botenstoffe, die Schleimbildung und Immunzell-Einstrom verstärken. Gleichzeitig ist das entzündete Lungengewebe reich an freien Fettsäuren und oxidativen Molekülen – Bedingungen, die Zellen normalerweise gefährden.

Die Studie zeigt, dass die pathogenen ILC2 große Mengen dieser Fette aufnehmen und in ihre Membranen einbauen. Um dabei nicht an der sogenannten Ferroptose, einem eisenabhängigen Zelltod durch oxidierte Lipide, zu sterben, aktivieren sie massiv ihre antioxidativen Systeme. Insbesondere die Enzyme GPX4 und TXNRD1 spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie entschärfen schädliche Lipidperoxide und ermöglichen es den Zellen, trotz des stressreichen Umfelds zu überleben und sich zu vermehren.

„Diese Immunzellen bewegen sich in einem Milieu, das eigentlich toxisch für sie ist. Sie überleben nur, weil sie ihre eigenen Schutzprogramme extrem hochfahren“, erklärt Erstautorin Chantal Wientjens, die in der Arbeitsgruppe Wilhelm am Institut für Chemie und Klinische Pharmakologie des UKB forscht und Doktorandin an der Universität Bonn ist. „Unsere Daten zeigen: Sobald wir diesen Schutz gezielt stören, verlieren die Zellen ihre Fähigkeit, die allergische Entzündung anzutreiben.“

Um diesen Ansatz zu testen, hemmte das Bonner Team den Thioredoxin-Stoffwechselweg mithilfe eines Wirkstoffs, der das Enzym TXNRD1 blockiert. In Mausmodellen führte dies dazu, dass sich deutlich weniger ILC2 in der Lunge ansammelten. Dadurch gingen sowohl die Produktion der typischen Typ-2-Zytokine IL-5 und IL-13 als auch die Zahl der Eosinophilen und die Schleimproduktion zurück. Die allergische Reaktion fiel insgesamt wesentlich geringer aus.

Studienleiter Christoph Wilhelm, Lehrstuhlinhaber für Immunpathologie am Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie des UKB und Mitglied im Exzellenzcluster ImmunoSensation² der Universität Bonn, erklärt: „Pathogene Typ-2-Immunzellen sind erstaunlich stark auf ihren antioxidativen ‘Rettungsanker’ angewiesen. Das eröffnet einen sehr zielgerichteten therapeutischen Ansatz: Wir könnten in Zukunft den Stoffwechsel überaktiver Immunzellen ausbremsen, ohne das Immunsystem insgesamt zu schwächen. Das ist perspektivisch spannend, auch wenn wir hier noch am Anfang der Forschung stehen.“

Die Studie unterstreicht, wie eng Immunfunktion und Stoffwechsel miteinander verwoben sind. Um in der fettreichen und oxidativen Umgebung der entzündeten Lunge aktiv bleiben zu können, passen pathogene ILC2 ihren Stoffwechsel flexibel an – und schaffen dabei ungewollt genau die Abhängigkeit, die sie verletzlich macht.

Beteiligte Institutionen und Förderung:

An der Studie waren das Universitätsklinikum Bonn, der Exzellenzcluster ImmunosenSation2 der Universität Bonn sowie der Sonderforschungsbereich (S)FB Metaflammation beteiligt. Die Studie wurde durch die DFG gefördert.

 Publikation: Wientjens C, Doverman M, Zurkovic J, More T, Surendar J, Nesic S, Sarici C, Utecht T. D., Pohl J, Pollock J, Voehringer D, Hiller K, Thiele C and Wilhelm C. Tolerance to ferroptosis facilitates lipid metabolism and pathogenic type 2 immunity in allergic airway inflammation. Immunity 2026; 59 1-17. DOI: https://doi.org/10.1016/j.immuni.2025.11.018

 Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Christoph Wilhelm
Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie des UKB
Exzellenzcluster ImmunoSensation² der Universität Bonn
E-Mail: Christoph.Wilhelm@ukbonn.de

Pressekontakt:
Jana Schäfer
Stellvertretende Pressesprecherin am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
Stabsstelle Kommunikation und Medien am Universitätsklinikum Bonn
Telefon: (+49) 228 287-19891
E-Mail: jana.schaefer2@ukbonn.de

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