Sommer, Sonne, Parasiten!
Wo auf Reisen und daheim Erreger lauern – und wie man sich schützt
Bonn, 3. Juli 2025 – Sommerzeit ist Reisezeit – und damit Hochsaison für Parasiten. Ob Fernreise, Camping-Trip oder Badeurlaub am Mittelmeer: Wer sich in der Natur aufhält oder mit Tieren in Kontakt kommt, sollte sich der möglichen Infektionsrisiken bewusst sein. Prof. Dr. Achim Hörauf, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie des Universitätsklinikums Bonn (UKB), erklärt, worauf Reisende achten sollten, welche Gefahren oft unterschätzt werden – und warum Kinder besonders gefährdet sind.
Mehr Sonne, mehr Parasiten
„Im Sommer verbringen wir einfach mehr Zeit draußen – und damit auch im Lebensraum vieler Parasiten“, erklärt Prof. Hörauf. Vor allem Mücken und Zecken haben bei warmen Temperaturen ideale Bedingungen. Zecken können beispielsweise Borreliose oder FSME übertragen – eine Hirnentzündung, die auch in Deutschland vorkommt. Besonders häufig trifft es Menschen, die viel im Garten arbeiten oder in der Natur campen.
Auch Mücken werden in südlichen Ländern zur Gefahr – nicht nur als Plagegeister, sondern als Überträger von Krankheiten. „Gerade im Mittelmeerraum treten vermehrt Infektionen auf, die früher als tropisch galten“, so der Parasitologe.
Vorsicht, Sandmücke: Gefahren auch in Europa
Reisen innerhalb Europas gelten oft als harmlos – doch das Risiko wird unterschätzt. In Ländern wie Italien, Spanien, Griechenland oder Kroatien sind mittlerweile Parasiten aktiv, die vor einigen Jahrzehnten hauptsächlich in Afrika oder Asien zu finden waren. Ein Beispiel: die Leishmaniose, übertragen durch winzige Sandmücken. Sie tritt besonders im östlichen Mittelmeerraum auf – aber auch auf beliebten Urlaubsinseln wie Mallorca.
„Diese Parasiten bleiben häufig lange unbemerkt im Körper und können erst Jahre später Symptome verursachen – zum Beispiel bei einer Immununterdrückung, wenn Ärzte gegen eine Autoimmunkrankheit ankämpfen und das Immunsystem dämpfen müssen“, warnt der Experte.
Auch der sogenannte Hundehautwurm ist inzwischen in Europa heimisch. Hunde können sich durch Mückenstiche infizieren, symptomlos bleiben – und die Parasiten dennoch weitergeben. Beim Menschen können die Larven durch das Gewebe wandern, mitunter in die Lunge. „Das kann dann im Röntgenbild wie ein Tumor aussehen.“
Tropenreisen: Malaria, Amöben und gefährliche Durchfälle
Wer eine Fernreise plant, sollte sich besonders gut vorbereiten. In tropischen Regionen drohen neben Malaria auch andere parasitäre Erkrankungen wie Amöbiasis oder Giardiasis. Diese verursachen oft anhaltenden oder wiederkehrenden Durchfall. „Manche Erreger bleiben unbemerkt im Körper, bilden sogenannte Zysten – und können später, bei Stress oder anderen Infektionen, wieder aktiv werden.“
Besonders gefährlich sind blutige Durchfälle: „Das ist ein Warnsignal. In solchen Fällen muss unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.“ Infektionen mit Shigellen oder Salmonellen können schwere Komplikationen verursachen und im schlimmsten Fall lebensbedrohlich werden.
Kinder besonders gefährdet
Kinder stecken sich besonders leicht an – zum Beispiel beim Spielen im Sand oder durch engen Kontakt mit Tieren. „Sie nehmen vieles in den Mund, laufen barfuß oder liegen ohne Handtuch am Strand. Das sind typische Infektionssituationen“, so Prof. Hörauf. Sandkästen, in denen Katzen oder Hunde ihre Spuren hinterlassen haben, können Spulwurmeier oder Toxoplasmose-Erreger enthalten.
Auch barfuß über tropische Straßen zu laufen oder durch einen Süßwassersee zu waten – zum Beispiel in Afrika oder Asien – kann riskant sein. Über die Haut dringen bestimmte Wurmarten ein, wie etwa der Erreger der Bilharziose.
Symptome oft spät – moderne Diagnostik hilft
Das Tückische: Viele Parasiten verursachen erst nach Wochen oder Monaten Beschwerden – oder gar keine. „Einige Parasiten sind wahre Überlebenskünstler. Sie warten im Körper, bis das Immunsystem geschwächt ist – dann schlagen sie zu.“
Deshalb ist die Diagnostik so wichtig. Am UKB werden hochspezialisierte molekularbiologische Verfahren eingesetzt. Sie erkennen selbst geringe Mengen an Erregern – auch wenn die Infektion bereits zurückliegt. „Damit können wir gezielt behandeln und vermeiden, dass ein Parasit überlebt und später wieder Probleme macht.“
Schutz ist möglich – mit Impfungen und gesundem Menschenverstand
Die gute Nachricht: Viele Erkrankungen lassen sich durch einfache Vorsichtsmaßnahmen vermeiden. Dazu zählen:
- Schutz vor Mücken: lange Kleidung, Insektenschutzmittel, Moskitonetz
- Vorsicht beim Essen: keine rohen Speisen, kein Leitungswasser; in Bars lieber auf Gläser verzichten (weil sie evtl. nicht gut gewaschen sind) und direkt aus der Flasche trinken
- Hygiene: gründliches Händewaschen
- Kein Baden in unbekannten Süßgewässern
- Tiere meiden, die nicht geimpft oder gepflegt wirken
- Nach dem Urlaub Tiere vom Tierarzt untersuchen lassen
Gegen einige Krankheiten gibt es zudem Impfungen – etwa gegen Gelbfieber oder (eingeschränkt) gegen Dengue. Gegen Malaria existiert bislang keine Touristenimpfung, aber eine medikamentöse Prophylaxe. Vor Tropenreisen sollte man unbedingt in einem Reisemedizinischen Zentrum seinen Impfstatus überprüfen und sich entsprechend beraten lassen. Das Reisemedizinische Zentrum des UKB verfügt u. a. über eine Gelbfieberimpfstelle: www.ukbonn.de/ihph/impfsprechstunde/.
Fazit:
Reisen in wärmere Regionen – ob innerhalb Europas oder in die Tropen – bringen nicht nur Erholung, sondern auch neue gesundheitliche Herausforderungen mit sich. Viele parasitäre Erkrankungen sind vermeidbar, wenn man sich gut informiert, aufmerksam bleibt und einfache Schutzmaßnahmen umsetzt. Wichtig ist, Symptome nach der Rückkehr ernst zu nehmen – auch wenn sie erst verzögert auftreten. Die richtige Diagnostik und medizinische Begleitung helfen dabei, Infektionen frühzeitig zu erkennen und gezielt zu behandeln. Wer sich vorbereitet, reist nicht nur sicherer, sondern mit einem besseren Gefühl.
Bildmaterial:
Bildunterschrift: Fühlt sich mittlerweile auch in Deutschland heimisch: Die Tigermücke.
Bildnachweis: Ardy/stock.adobe.com
Bildunterschrift: Prof. Dr. Achim Hörauf, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie des Universitätsklinikums Bonn (UKB), ist ausgewiesener Experte für u. a. Tropenkrankheiten.
Bildnachweis: Achim Hörauf
Pressekontakt:
Daria Siverina
Stellvertretende Pressesprecherin
Stabstelle Kommunikation und Medien am Universitätsklinikum Bonn
Telefon: (+49) 228 287 – 14416
E-Mail: daria.siverina@ukbonn.de
Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB finden pro Jahr etwa 500.000 Behandlungen von Patient*innen statt, es sind ca. 9.500 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,8 Mrd. Euro. Neben den 3.500 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr 550 Personen in zahlreichen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht in der Focus-Klinikliste auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW, hatte in 2023 in der Forschung über 100 Mio. Drittmittel und weist den zweithöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf. Das F.A.Z.-Institut hat das UKB mit Platz 1 unter den Uniklinika in der Kategorie „Deutschlands Ausbildungs-Champions 2024“ ausgezeichnet.