Malte Boecker, künstlerischer Geschäftsführer der Beethoven Jubiläums GmbH Dr. Clemens Trautmann, Präsident der Deutschen Grammophon Kassandra Wedel, gehörlose Tänzerin und Schauspielerin Kleopatra Sofroniou, Vice President Marketing der Deutschen Grammophon Andreas Briese, Director YouTube Partnerships Central Europe Dr. Raphael von Hoensbroech, Intendant und Geschäftsführer des Konzerthauses Dortmund
VERFASST VONukbnewsroom

Beethoven und der Sinn des Hörens

Große Themenwoche im Juni im Beethoven-Jubiläumsjahr 2020

Ludwig van Beethoven ertaubte im Laufe seines Lebens – doch seine Kreativität hat Grenzen überwunden und er schrieb einige seiner größten Meisterwerke im Zustand der Gehörlosigkeit.

Anlässlich des von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgerufenen Welttag des Hörens am 3. März haben heute in einer gemeinschaftlichen Pressekonferenz die Beethoven Jubiläums GmbH, Google Arts & Culture und die Deutsche Grammophon zu einer großen Projektvorstellung eingeladen.

Im Zeichen des diesjährigen WHO-Mottos „Hör nicht auf!“ werden im Beethovenjahr neben der großen Themenwoche „Beethoven und der Sinn des Hörens“ im Juni 2020 viele weitere Projekte rund um das Thema Hören und Gehörlosigkeit umgesetzt.

„Ludwig van Beethoven war ab seinem 48 Lebensjahr nahezu taub und hat dennoch unglaubliches geleistet. Damit ist er noch heute ein starkes Vorbild, das zeigt, wie Grenzen überwunden werden können, wenn sich Kreativität, Leidenschaft und Willen vereinen”, sagt Malte Boecker, künstlerischer Geschäftsführer der Beethoven Jubiläums GmbH, welche zum 250. Geburtstag des großen Komponisten deutschlandweit über 300 Projekte koordiniert.

Weltpremiere eines symphonischen Musikvideos

Im Rahmen der Konferenz fand die Weltpremiere eines symphonischen Musikvideos statt, das in Zusammenarbeit mit Google Arts & Culture und  der Deutschen Grammophon entstanden ist. Beide Partner schaffen im Jubiläumsjahr neue Zugänge zum Schaffen Beethovens unter edukativen, diskographischen und technologischen Gesichtspunkten, u.a. durch die Digitalisierung historisch bedeutender Beethoven-Aufnahmen auf Schellack. Protagonistin des Videos ist die gehörlose Tänzerin und Schauspielerin Kassandra Wedel mit ausdrucksstarken Tanzsequenzen zu Beethovens 5. Sinfonie, eingespielt von Herbert von Karajan und den Berliner Philharmonikern. Videopremiere war im Deutsche Grammophon-Youtubekanal, seitdem ist das Video auf allen üblichen Plattformen zu sehen. „Beethovens Werk steht für unbedingten künstlerischen Gestaltungswillen trotz widrigster, ja beinahe unmöglicher Umstände – und auf ihre ganz eigene Weise teilt Kassandra Wedel als gehörlose Tänzerin diese Erfahrung. Und daher liegt in ihrer gestischen Interpretation von Beethovens sogenannter ,Schicksalssymphonie‘ auch eine so urtümliche Kraft. Das Video knüpft an Beethovens humanistische Botschaft an, sich auch von existenziellen Schwierigkeiten nicht entmutigen zu lassen.”, erklärt Dr. Clemens Trautmann, Präsident der Deutschen Grammophon. Andreas Briese, Director YouTube Partnerships Central Europe, betont: „Das Projekt, das in Partnerschaft zwischen der Deutschen Grammophon und Google Arts & Culture entstanden ist, verbindet Themen, die uns sehr wichtig sind: Barrierefreiheit und klassische Musik. Nachhaltige Partnerschaften wie mit der Deutschen Grammophon ermöglichen den Zugang zu Kunst und kulturellem Erbe für alle, und durch die Verbindung von Beethovens Biographie mit der inspirierenden Interpretation seiner Musik durch Kassandra Wedel entsteht eine starke Botschaft für die Kraft der Musik, die dabei helfen kann, Barrieren zu überwinden.“

„Fidelio“ mit dem Mahler Chamber Orchestra im Konzerthaus Dortmund

Wie Musik und Gehörlosigkeit aufeinandertreffen können, zeigt die außergewöhnliche Aufführung des hochkarätigen Mahler Chamber Orchestra im April 2020 im Konzerthaus Dortmund. Hier wird Beethovens „Fidelio“ auf ganz besondere Weise umgesetzt: Gustavo Dudamel dirigiert den „White Hands Choir“, einen Chor aus hörbehinderten bzw. taubstummen Kindern, der Teil des Education-Projekts El Sistema ist. „Das Thema Hören wird hier auf mehreren Dimensionen erfasst: Zum einen deutet der White Hands Choir das Werk natürlich in Bezug auf Beethovens Ertaubung, zum zweiten geht es um den Umgang unserer Gesellschaft mit Inklusion. Nicht zuletzt aber muss sich unsere Gesellschaft wie vermutlich nie zuvor mit dem Thema Hören neu beschäftigen, denn sie hat in weiten Teilen das Zuhören verlernt“, erklärt Dr. Raphael von Hoensbroech, Intendant und Geschäftsführer des Konzerthauses Dortmund.  

Große Themenwoche Beethoven und der Sinn des Hörens im Juni 2020

Vom 12. bis 21. Juni 2020 findet in Beethovens Geburtsstadt Bonn die große Themenwoche „Beethoven und der Sinn des Hörens” statt. Neben Konzerten, Workshops und Mitmach-Angeboten umfasst die Woche auch internationale Kongresse, wissenschaftliche Vorträge und Ausstellungen.

Mit dabei ist auch die mit vier Jahren ertaubte Tänzerin und Schauspielerin Kassandra Wedel – im Rahmen der Uraufführung von Helmut Oehrings TanzMusikDrama „BEETHOVEN? Der erlösende Fehler (…wo bin ich nicht verwundet, zerschnitten?!)“ am 13. Juni 2020 in der Bundeskunsthalle Bonn. „Ich denke ich bin auch so ein Brückenmensch wie Oehring und Beethoven, auf andere Weise. Ich bin wie seine ‘Fairy Queen’ aus Aschemond. Ich freue mich auf Oehrings Beethoven, weil er wird sicher anders werden! Vielleicht schaffen wir es Beethovens Geist eine neue Facette zu geben die von Hörenden bisher nicht so gesehen und gehört wurde”, erklärt Kassandra Wedel. Der international renommierte und vielfach preisgekrönte Komponist, Gitarrist, Autor und Regisseur Helmut Oehring hat dieses Bühnenwerk für die Beethoven Jubiläums GmbH entwickelt: Unter dem Jahresmotto „Beethoven neu entdecken“ beleuchten Oehring und Team mit diesem außergewöhnlichen TanzMusikDrama für die gehörlose Solistin Kassandra Wedel und das Ensemble Musikfabrik die weit in unsere Moderne vorausweisenden Perspektiven in Beethovens Leben und Schaffen. Auf OTöne Beethovens und eigene Texte komponiert und inszeniert Oehring eine audiovisuelle Partitur, in der bereits alle Parameter der Bühnenrealisierung – Choreografie, Film, Bühne/Projektionen, Hörspiel und Live-Elektronik – aufeinander bezogen entwickelt und notiert sind. Als Sohn gehörloser Eltern, dessen Muttersprache, die deutsche Gebärdensprache, mit ihrer räumlichen Syntax und Grammatik eine der Grundlagen seiner audiovisuellen Werke bildet, fokussiert er dabei den physischen, psychologischen, kommunikativen und kreativen Prozess von Beethovens sukzessiver Ertaubung.

Im Rahmen des medizinisch musikalischen Symposiums „Ludwig van Beethoven der Gehörte und der Gehörlose“ der Beethoven Jubiläums GmbH in Kooperation mit dem Universitätsklinikums Bonn und dem Freiburger Institut für Musikermedizin, kommen am 12. und 13. Juni 2020 fünfzehn Wissenschaftler, Ärzte und Spezialisten aus ganz Europa zusammen. Aus musikermedizinischer Perspektive sollen Beethovens Musik und seine Erkrankung als Ausgangspunkte für eine historische und wirkungsgeschichtliche Betrachtung des Phänomens Beethoven dienen. Ein wichtiger Fokus liegt dabei auf dem Hören: „Das Symposium wird auch die Fragestellung beleuchten, ob man Beethoven aus heutigen medizinischen Gesichtspunkten hätte helfen können”, sagt Prof. Dr. Bernhard Richter, Leiter des Freiburger Instituts für Musikermedizin. „Das Heiligenstädter Testament ist ein gleichermaßen anschauliches wie berührendes Dokument, in welchem ein Betroffener die psychosozialen Auswirkungen seiner Schwerhörigkeit beschreibt”, sagt Prof. Dr. Claudia Spahn, Leiterin des Freiburger Instituts für Musikermedizin und Prorektorin für Forschung an der Hochschule für Musik Freiburg. Im Symposium wird auch der kompositorische Umgang Beethovens mit der menschlichen Stimme eingehend beleuchtet.

Auch das internationale Symposium „LISTENING/HEARING” der Beethovenstiftung für Kunst und Kultur der Bundesstadt Bonn wendet sich vom 17. bis 20. Juni 2020  dem Hörsinn zu. Internationale und nationale Experten werden hierbei im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses und im LVR LandesMuseum den aktuellsten Stand der Hörforschung und die Rolle des Hörens und Zuhörens in der Gesellschaft diskutieren. Die Experten kommen aus einer Vielzahl von Disziplinen. „Lange galt das Hören als vernachlässigter Sinn. Davon kann keine Rede mehr sein: Ob Klangdesign oder Noise Cancelling, Stadtraumplanung oder Soundscape-Ökologie: das Panorama akustischer Weltwahrnehmung ist heute so weit und schillernd wie nie zuvor“, erklärt Raoul Mörchen von der Beethovenstiftung für Kunst und Kultur.

Die Ausstellung „Sound and Silence – der Klang der Stille in der Kunst der Gegenwart” im Kunstmuseum Bonn, die am 18. Juni 2020 eröffnet wird, widmet sich anlässlich des Jubiläums den Themen Stille und Schweigen im Feld der aktuellen Bildenden Kunst. Dabei berücksichtigt sie in besonderer Weise die paradox dialektische Dimension der Sphäre des Schweigens und der Stille, die selbst immer nur in Relation zur Sphäre des Klangs fassbar wird. Als interdisziplinäres Projekt, das Werke von internationalen Künstlerinnen und Künstlern umfasst, erschließt die Ausstellung innovative und wissenschaftlich nachhaltige Sichtweisen auf die komplexe Beziehung von Klang und Stille, mit der sich nicht nur Kunst und Musik, sondern auch Literatur und Philosophie beschäftigen.

Am 19. Juni 2020 gestalten die Kirchen in Bonn und der Region eine lange „Götterfunken”-Kirchennacht mit über 45 beteiligten Gotteshäusern und mehr als 200 Programmpunkten. Mit rund 15.000 erwarteten Besuchern ist es eine der größten Veranstaltungen dieses Formats in Deutschland. Neben zahlreichen Angeboten zum Thema Beethoven und der Sinn des Hörens” verwandelt sich die Stiftskirche in Bonn zu einer interaktiven Schwerpunktkirche in der katholische und evangelische Gehörlosenseelsorger ein vielfältiges Programm anbieten, um für das Leben mit Hörschädigung zu sensibilisieren. Die Lange Nacht der Kirchen in Bonn ist der geistliche Höhepunkt einer Vielzahl von Angeboten der Kirchen zum Beethovenjahr.

Weitere Informationen zu dem umfangreichen Jubiläumsprogramm BTHVN2020 finden Sie hier: www.bthvn2020.de

V.l.n.r.: Malte Boecker, künstlerischer Geschäftsführer der Beethoven Jubiläums GmbH Dr. Clemens Trautmann, Präsident der Deutschen Grammophon Kassandra Wedel, gehörlose Tänzerin und Schauspielerin Kleopatra Sofroniou, Vice President Marketing der Deutschen Grammophon Andreas Briese, Director YouTube Partnerships Central Europe Dr. Raphael von Hoensbroech, Intendant und Geschäftsführer des Konzerthauses Dortmund (Bildquelle: YouTube Space / Christoph-Lucas Hütter)

Pressekontakt: Frau Tiffany Künster Tel: +49 163 951 6015 pressoffice@bthvn2020.org 

Über die Beethoven Jubiläums GmbH: Beethovens 250. Geburtstag wird 2020 weltweit gefeiert. Die als Tochtergesellschaft der Stiftung Beethoven-Haus gegründete gemeinnützige Beethoven Jubiläums GmbH koordiniert mit Unterstützung der Bundesregierung, des Landes Nordrhein-Westfalen, der Stadt Bonn und des Rhein-Sieg-Kreises ein deutschlandweites Programm, das unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten der Bundesrepublik steht. Unter dem Motto ‚Beethoven neu entdecken‘ umfasst das Programm etwa 300 Projekte. Die Terminübersicht des Jubiläumsjahres ist jeweils aktuell im Veranstaltungskalender auf www.bthvn2020.de zu finden.

Skip to content